Habt ihr schonmal vom Minicave-Festival in Münster gehört? Nein? Hatte ich lange Zeit tatsächlich auch nicht. Und dabei komme ich sogar gebürtig aus dem Münsterland – kennengelernt habe ich das Festival jedoch erst, als ich dort gar nicht mehr lebte. Das wahre Szene-Kleinod solltet ihr euch unbedingt schon für das nächste Jahr vormerken, denn lasst euch sagen: Victor und ich haben uns dieses Jahr Tickets gegönnt und es hat sich absolut gelohnt. Aber zurück auf Anfang.
Über das Minicave-Festival
Alljährlich meist Ende September stattfindend, ist das Minicave-Festival genau zur passenden Zeit angesetzt, um noch die letzten wärmeren Nächte des Jahres zum Tag zu machen. Dabei bietet das Festival verschiedenen bekannten und (noch) eher unbekannteren Szene-Bands aus den Bereichen Post Punk, Minimal, Dark-Wave, Gothic Rock und jenen, die sich irgendwo dazwischen befinden, an zwei Festivaltagen eine Bühne. Am Hawerkamp in Münster – dem alternativen Zentrum der Großstadt im Norden NRWs – wird das Triptychon für zwei Tage zur schwarzen Festival-Location.
Das Minicave-Festival 2024
In diesem Jahr hieß es am 20. und 21. September also wieder zwei Tage voller fantastischer Musik für die schwarze Seele. Das Line-Up an den beiden Festival-Tagen sah wie folgt aus:
Freitag, 20. September:
20:15-20:55 Aus Tears (FI)
21:15-22:00 Mekrokiev (MX)
22:20-23:10 Kadeadkas (DE)
23:30-00:30 Staatseinde (NL)
Samstag, 21. September:
19:15-19:55 Dividing Lines (DE)
20:15-21:00 Adam Tristar (NL)
21:20-22:05 Phantom Vision (PT)
22:25-23:15 Twin Noir (DE)
23:35-00:35 Lucas Lanthier and several of his esteemed colleagues performing the songs of CINEMA STRANGE (AT/US)
Am Freitag begann der Einlass zur Veranstaltung um 19:30 Uhr, Samstag ging es bereits um 18:30 Uhr los. An beiden Tagen konnten die Nachteulen selbstverständlich auch nach den Konzerten bei den Aftershow-Parties weiter feiern, hierfür sorgten Szene DJays-und -Janes aus aller Welt (Freitag: Medusa (DE), Frenopata (MX), HURZ! (Present for the Future, DE), Samstag: Tankel Lux (Gothic Pogo, DE), Zeitungeist (Gothic Pogo, DE), Cavey Nik (Dead and Buried, UK)).
Der Festivalfreitag
Wir entschlossen uns am Freitag Nachmittag, völlig erschöpft von der Arbeitswoche, doch noch spontan dazu, das Festival zu besuchen – denn was soll ich sagen: Ich hatte so richtig Lust. Es war einfach schon viel zu lange her, dass ich ein schwarzes Konzert besucht habe oder aus war.
In diesem Jahr war mit meinem Arbeitswechsel und unserem Umzug quer durchs Land einfach so viel los, dass einiges auf der Strecke blieb – vor allem leider die schönen Dinge. Und außerdem wollte ich doch endlich mal dieses Minicave-Festival selbst besuchen, von dem ich nun schon häufiger auf Parties in ganz Deutschland gehört hatte und immer sagen musste, dass ich als Münsterländerin noch nie dort gewesen bin.
Also: Schnell aufgegruftet, vielleicht dabei auch schon ein Weinchen genossen (also ich, weil Victor wollte fahren), und auf zum Hawerkamp. Jetzt, da wir in Münster wohnen, haben wir diese Möglichkeit und wollten sie auch nutzen. Da wir uns, wie erwähnt, aber sehr spontan dazu entschlossen hatten, haben wir gehofft, an der Abendkasse noch Tagestickets für den Freitag Abend zu bekommen. Als wir etwa eine halbe Stunde nach Einlass ankamen und die wunderschönen Fledermäuse bereits Schlange standen, haben wir kurz gebangt, doch Tagestickets noch an der Abendkasse zu bekommen war kein Problem. So begaben wir uns, uns glücklich schätzend, durch die weißen Fadenvorhänge in die Tiefen des schwarzen verrauchten Triptychons. Noch schnell ein Getränk organisiert und dann ging es auch schon sehr bald mit der ersten Band des Abends und den Festival-Openern los.
Aus Tears
Das aus Helsinki, Finnland, stammende Duo Aus Tears eröffnete den Abend mit ihrer ganz eigenen Mischung aus Post Punk, Minimal und raw Synth-Wave. Die bereits mit Selofan aufgetretene Male-Female-Kombi hat mich tatsächlich sofort abgeholt. Die wunderbare Alt-Stimme der Sängerin schallte zu den elektronischen und vom Bass untermalten Klängen durch die Location, und ich war gleich verzückt. Aus Tears sind für mich eine gute Mischung aus moderneren Szenevertreter*innen, vor allem in den Stücken mit weiblichem Gesang, und old school, vom maskulinen Gesang geprägten Post Punk. Denn obacht: die beiden wechseln sich in ihren Stücken mit den Gesangsparts ab. Ein wahrlich netter Mix und eine der Neuentdeckungen des Abends. Wenn euer Herz für old school Klänge schlägt, die jedoch auch ein bisschen Abwechslung bieten, hört auf jeden Fall mal bei Aus Tears rein.
Mekrokiev
Die aus Mexiko (!) angereisten Mekrokiev trafen wortwörtlich kurz vor knapp ein – denn nachdem Aus Tears bereits mit ihrem Set durch waren, mühten sich die Musiker und die Crew ab, möglichst schnell die Instrumente über die Seitentreppe in die Location, durch das Publikum, auf die Bühne und dort aufgebaut zu bekommen. Irgendwie sympatisch – und Mexiko ist ja auch echt nicht ums Eck.
Dann legten sie aber auch schon zügig mit ihrer altbewährten Portion Goth Rock los. Ganz in Andrew Eldrich-Manier mit Sonnenbrille und finsterer Miene ausgestattet, spielte der Frontmann mit dem Publikum und den auf ihn gerichteten Handykameras. Hier ist mir wieder einmal aufgefallen, wie sehr sich mittlerweile das Verhältnis von Bands zum mitfilmenden Publikum verändert hat und welch große Rolle Social Media selbst in der Subkultur spielt. Kostenlose und zielgruppengerechte Werbung schlägt halt kaum noch jemand aus. Und ist vermutlich auch gerade für die Subkultur Segen und Fluch zugleich. Aber das wäre mal ein Thema für einen anderen Post.
Alles in allem spielten die Jungs unter vollster körperlicher Verausgabung (Schweiß lass nach) ein solides Goth-Rock-Set, das beim schwarzgewandeten Publikum gut ankam und schon früh zu „Mexico rules“-Rufen führte. Wer Lust auf Goth Rock mit Nosferatu- und Sisters-Vibes hat, sollte bei Mekrokiev mal rein hören.
Kadeadkas
Ich muss es ohne große Umschweife sagen: die Kölner von Kadeadkas waren mein absolutes Highlight an diesem Festivaltag! Und das, obwohl die Band nicht einmal mit der vollen Besetzung auftrat. Sängerin Katarina sagte mehrfach zum Publikum, wie ungewohnt es ohne Gitarrist und wie viel Platz auf der Bühne sei. Lasst mich euch sagen: Ihr habt vollkommen überzeugt, auch „nur“ mit Gesang, Schlagzeug und Bass!
Ihre Mischung aus gutem alten Post Punk der frühen 8oer, einem Hauch Psychedelic der 70er Jahre mit klar erkennbaren Einflüssen von Siouxsie and the Banshees hat mich gleich nach dem Konzert dazu veranlasst, dringend ihre CD und vielleicht auch ein Shirt zu kaufen. Und auch das Publikum war voll dabei – mir bis dato unbekannt, war es die Formation dem Publikum anscheinend nicht, denn nicht selten sah und hörte man Jubelrufe und Mitgesinge.
Die Dreierkombi überzeugte also nicht nur mich voll und ganz. Vielleicht auch wegen der absoluten Hingabe, spielte der Schlagzeuger doch trotz blutender Hand weiter, von Sängerin Katarina beim Verlassen der Bühne kurzerhand schmunzelnd kommentiert: „Ein Tier isser“.
Kadeadkas könnt ihr als deutsches Projekt häufiger in verschiedenen Clubs deutschlandweit sehen. Nehmt das auf jeden Fall mit, es lohnt sich!
Staatseinde
Die niederländische Formation Staatseinde versprachen schon schnell eine andere Art von Musik im Vergleich zu den bisherigen Bands des Abends, bauten sie doch erst einmal zwei Synthesizer auf – als Duo. Nach kurzem Soundcheck und schnellem Outfitwechsel – die zwei sind stylisch perfekt aufeinander abgestimmt – ging es auch schon los.
Was soll ich euch sagen? Ihr wisst ja, dass ich nicht der größte Fan von reinem „Utz Utz“ bin, aber beim Publikum kamen sie mit ihrem Stimmverzerrer und ihrem treibenden Beat ganz gut an. Definitiv eher etwas für die Freunde härterer elektronischer Klänge.
Was ein schöner Abend
Ich muss wirklich sagen, was ein schöner Abend! Und dass auch wegen des Publikums des Minicave-Festivals, welches mir sehr offen und angenehm vorkam. Insgesamt kann ich ausschließlich von einer sehr schönen Atmosphäre mit freundlichen Menschen und wunderbarer Musik sprechen.
Da uns doch die Arbeitswoche in den Knochen steckte, verabschiedeten wir uns an diesem Abend (leider) noch vor dem Beginn der Aftershow-Party. Ich hätte zwar richtig Lust gehabt, noch etwas zu tanzen und den ganzen „Erwachsenenleben-Stress“ hinter mir zu lassen, allerdings gaben unsere alternden Rücken und müden Augen und Geister es leider nicht mehr her. So machten wir uns, glücklich mit neuem Bandmerch und CDs ausgestattet, auf den Heimweg.
Da wir am Samstag anderweitig verplant waren, konnten wir den zweiten Festivaltag leider nicht besuchen. Das Line-Up hätte mich jedoch seeeeeehr gereizt, vor allem Twin Noir hätte ich sehr gern gesehen – aber was nicht ist, kann ja zukünftig hoffentlich noch werden.
Eins steht nach diesem wunderbaren Festival-Erlebnis für uns auf jeden Fall fest: Wir werden das Minicave im kommenden Jahr definitiv wieder besuchen. Am 26. und 27. September 2025 sollen sich die Türen des Triptychons wieder für uns Schwarzvolk öffnen – dieses Mal unter anderem mit Corpus Delicti – für mich ein absoluter Ohrenschmaus, den ich mir nicht entgehen lassen werde.
Abschließend sei noch gesagt, dass wir für unsere Tagestickets für den Freitag an der Abendkasse 40,- Euro bezahlt haben. Der reguläre VVK-Preis liegt beim Tagesticket bei 36,- und beim Festivalticket bei 56,- Euro, was ich für die Menge an Bands völlig angemessen finde – support your subculture!
An dieser Stelle auch mal ein großes Dankeschön an die Veranstalter*innen des Festivals. Die Szene braucht Leute wie euch! Denn auch (oder erst recht) im Münsterland sterben solche Events leider immer mehr aus. Ich musste leider, nach unserem Umzug nun wieder in meiner Heimat, mit Erschrecken feststellen, dass es viele der alten Veranstaltungen heute leider nicht mehr gibt.
Wart ihr auch auf dem Minicave-Festival 2024? Oder in den vergangenen Jahren schon einmal dort? Lasst es mich gern in den Kommentaren wissen! Oder habt ihr den Festival-Samstag besucht, den wir ja leider verpasst haben? Gern auch in die Kommentare mit eurer Meinung zum zweiten Festivaltag.
Bis dahin, ihr Lieben!
Eure
PS: Der Jahresrhythmus scheint mein Rhythmus zu sein 😉